26Al Radioaktivität in unserer Galaxis

(Dies ist eine deutsche Version der Original-Website in englischer Sprache. Die englischsprachige Version ist u.U. aktueller)

Kosmische Element-Entstehung kann man auf verschiedenartige Weise astronomisch vermessen, allerdings meist indirekt. Beispielsweise dienen Absorptionslinien in Sternspektren, oder auch Massemspektroskopie von Einschlüssen in Meteoriten, diesem Zweck. Gammastrahlung entsteht, wenn radioaktive Nebenprodukte kosmischer Kernfusions-Prozesse im interstellaren Raum zerfallen; damit kann die Messung solch charakteristischer Gamma-Linienstrahlung vergleichsweise direkt in die Produktion spezifischer Isotope umgerechnet werden. Dennoch, die Messtechnik ist kompliziert, da Gammastrahlung sehr durchdringend ist, und ausserdem in den Teleskopen slebst durch kosmische Strahlung erzeugt wird; Bildauflösungen im Grad-Bereich, und Signal-zu-Hintergrundsverhältnisse im %-Bereich kennzeichnen den Stand der Technik. Lohnend ist diese 'Astronomie mit Gammastrahlen' dennoch: Die Messdaten spiegeln, im Gegensatz zu den meisten anderen Methoden, isotopische Häufigkeiten wider, unbeeinflusst von physikalischen Bedingungen der Quell-Umgebung wie Temperatur, Dichte, Ionisationszustand, und praktisch nicht abgeschwächt durch etwaige interstellare Wolken im Vordergrund (Durchdringungsfähigkeit ~einige g/cm2). Langlebige radioaktive Isotope wie 26Al (t~1.04 Millionen Jahre) spiegeln zudem den kinematischen Zustand interstellaren Gases in der ungewöhnlichen Umgebung solcher Element-Entstehungsorte wider, wie es sich mit anderen Methoden nur schwer untersuchen lässt. In der Hochenergie-Astrophysik-Gruppe des MPE wird 26Al Gamma-Emission untersucht seit den Anfängen der Instrument-Entwicklung der "Compton-Teleskope" in den 1970er Jahren. Erste Resultate ergaben sich von unserem ballongetragenen Instrument (1982), danach karthographierten wir die 26Al Emission des gesamten Himmels mit dem COMPTEL Instrument auf dem NASA space observatory 'Compton' (1991-2000), spektrosopische Studien führen wir mit dem SPI Spectrometer auf ESA's INTEGRAL Weltraummission durch (2002 bis heute).

Wissenschaftliche Resultate zu 26Al: Abbildende Untersuchungen mit COMPTEL (Compton Gamma-Ray Observatory), Spektroskopie mit SPI (INTEGRAL)

zusammengestellt von Roland Diehl 
(wenn Sie Material von dieser Webseite verwenden oder kopieren, bitten wir um Angabe der Quelle, entweder wie bei dem jeweiligen Resultat angegeben, oder generell von MPE Garching/Roland Diehl . Danke!)


Neuigkeiten (Januar 2006):

imageBestimmung der Supernova-Rate in der Galaxis über Radioaktivität

Mit dem Spektrometer auf dem ESA Gammastrahlen-Observatorium INTEGRAL wurde durch präzise Messung der Gamma-Linie radioaktiven 26Al-Zerfalls (T1/2~720000 Jahre) gezeigt, dass diese Radioaktivität die Gesamtheit sehr massereicher und damit junger Sterne in der Galaxis widerspiegelt.

Radioaktives 26Al wird zusammen mit anderen neu fusionierten Elementen in den interstellaren Raum geschleudert, wenn massereiche Sterne am Ende ihrer Entwicklung ankommen und schliesslich als Supernova explodieren. Mit dem Gamma-Spektrometer SPI auf INTEGRAL konnte ein internationales Forscherteam unter Führung des MPE die Gammalinie dieses Zerfalls mit bisher unerreichter Präzision messen. Entlang der Richting zum ansonsten meist durch Gaswolken verdeckten Innenbereich der Milchstrasse zeigte sich in den Daten die Rotations-Signatur der Galaxis über den Doppler-Effekt. Damit konnten die Forscher schliessen, dass die uns erreichende 26Al Strahlung aus den Tiefen der gesamten Galaxis stammt. Die Gesamtmenge radioaktiven 26Al entspricht damit einer Rate von 2 Supernova-Explosionen massereicher Sterne (d.h. "Typ Ib/c und II") pro Jahrhundert in unserer Galaxis.

26Al gamma-rays
(Veranschaulichung der 26Al-Astronomie: Radioaktiver Zerfall von 26Al erzeugt das 26Mg Isotop in einem angeregten Zustand, die Anregungsenergie wird als Gamma-Photon abgestrahlt.  INTEGRAL misst diese Gammastrahlung set dem Start des Satelliten Oktober 2002. Genaue Messungen zeigten die Signatur der Rotation in der Milchstrasse, da die Gamma-Linienenergie durch den Doppler-Effekt verschoben erscheint.  (pdf pdf2, und jpg Versionen des Bildes)



Weitere Details: siehe englischsprachige Version

copyright Roland Diehl, MPE Garching
21Mar2006