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PKE Nefedov

Einführung


In Memoriam
Anatoli P. Nefedov

Anatoli P. Nefedov (+2001)

Am 19. Februar 2001 verstarb unser guter Freund, Kollege und wissenschaftlicher Leiter des Plasmakristall-Experiments auf russischer Seite. Im Gedenken seiner Verdienste auf dem Gebiet der komplexen Plasmen und PKE wird das Projekt in Zukunft seinen Namen tragen - PKE Nefedov.
Das Plasmakristall-Experiment ''PKE Nefedov'', eine Zusammenarbeit des Institute for High Energy Densities (IHED) und unserem Institut, unterstützt von der russischen und der deutschen Weltraumbehörde (RASA und DLR), ist eines der ersten naturwissenschaftlichen Experimente an Bord der Internationalen Raumstation ISS. Die Erforschung von Plasmakristallen im speziellen und komplexer Plasmen im allgemeinen ist ein neues Themengebiet in der Mikrogravitations- Weltraumforschung.

Reduziert man die Schwerkraft auf ca. 10-4g, arrangieren sich die in ein Plasma eingebrachten monodispersen Mikropartikel (Polymerkügelchen von Mikrometer-Größe) völlig anders als im Labor unter normalen Schwerkraftbedingungen. Die dominierenden Kräfte sind hier die elektrostatische Wechselwirkung, die die negativ geladenen Partikel voneinaner abstößt, sowie in Richtung des Zentrums der Gasentladung zu bewegen versucht, die Reibungskraft der Ionenströmung und die thermophoretische Kraft, die die Teilchen aus der Gasentladung hinausdrängen. Bei den bisher durchgeführten Experimenten unter verminderter Schwerkraft (Mikrogravitation, µg) auf TEXUS Forschungsraketen und Parabelflügen hat sich das Gleichgewicht so eingestellt,dass für die meisten untersuchten Experimentparameter im Zentrum der Gasentladung eine partikelfreie Zone (''Void'') entstand. Eine zweite Zone, bestehend aus Plasma und Mikropartikeln, umhüllt die zentrale Zone in allen Richtungen.


Mikropartikel umgeben das 'Void'
Geladene Mikropartikel im Plasma drängen sich um das 'Void'
(partikelfreie Zone) im Zentrum des Plasmas.

Nachdem sich das wissenschaftliche Interesse auf ein mit Mikropartikeln beladenes Plasma richtet, ist die partikelfreie Zone im Zentrum der Entladung nicht erwünscht. Sie gibt aber wertvolle Einblicke in die relative Bedeutung der oben erwähnten Wechselwirkungen, weil an der Grenzschicht zwischen Plasma und komplexem Plasma ein Gleichgewicht herrscht.

In den zurückliegenden Jahren war die Hauptaktivität auf Raketenflüge mit µg-Zeiten von 6 Minuten, sowie auf Messungen in Parabelflügen mit µg-Zeiten von 25 Sekunden konzentriert. Jetzt richtet sich das Hauptaugenmerk auf das erste Experiment auf der Internationalen Raumstation, wo viele Stunden Meßzeit verfügbar sein werden. Die im Labor beobachtbare Kristallisation der monodispersen Mikropartikel im Plasma beansprucht typischerweise 10 Minuten. Somit ist von den langen Meßzeiten auf der Raumstation ein erheblicher wissenschaftlicher Fortschritt in der Erforschung komplexer Plasmen zu erhoffen.

Das PKE-Nefedov Experiment besteht aus einer kleinen (0.5 l) Plasmakammer, in der ein durch Hochfrequenz (HF) angeregtes Plasma in Argon erzeugt wird. In dieses Plasma werden monodisperse Mikropartikel von wahlweise 3.4 und 6.8 µm Durchmesser injiziert. Die Partikel sind durch einen Laserschnitt beleuchtet und werden mit zwei CCD-Kameras mit unterschiedlicher Vergrößerung beobachtet. Die Kamerabilder werden auf Videobändern aufgezeichnet.

PKE Nefedov + Kontrolleinheit
Die Flugversion von ''PKE Nefedov'' (rechts) und die
''Telescience Apparatur'' (Kontrolleinheit, links).
PKE Nefedov Plasmakammer
Querschnitt durch die Plasmakammer in ''PKE-
Nefedov''. Das Plasma 'brennt' zwischen zwei
zylindrischen Elektroden in einer mit Fenstern
versehenen Vakuumkammer.
Eine ausführlichere (englische) Beschreibung der Hardware befindet sich hier...)

Einstellbare Parameter sind Gasdruck und HF-Leistung. Die Plasmaparameter werden durch verschiedene Diagnoseeinrichtungen an den Entladungselektroden überwacht. Das zum Betrieb der Plasmakammer notwendige Vakuum wird durch eine Verbindung zum Weltraum erzeugt. Die Apparatur ist in einem Metallbehälter versiegelt, um die strengen Sicherheitsvorschriften auf der Raumstation zu erfüllen. Als Bedienungskonsole für die Kosmonauten dient ein Laptop-Computer, der sowohl den Experimentbetrieb, wie die Steuerung von zwei Videorekordern für die oben erwähnte Datenaufzeichnung erleichtert. Eigentliche Hauptaufgabe dieses Rechners wäre aber der Echtzeitbetrieb des Plasmakristall-Experiments vom Boden aus (''Telescience''). Für die erste Messkampagne ist der zur Telescience notwendige russische Relais-Satellit jedoch nicht verfügbar. Deshalb muss diese Kampagne noch durch die Kosmonauten mittels vorprogrammierter Messprozeduren an Bord der ISS durchgeführt werden.


ISS Besatzung beim Training
Die erste ISS-Besatzung (''Expedition One'') beim Training
an der Plasmakristall-Hardware.

Zwei komplette, baugleiche PKE-Einheiten, bestehend jeweils aus dem Experiment und dem Telescience-Computer, wurden gefertigt und den für die Raumstation erforderlichen Qualitätstests unterzogen. Die erste Einheit, das Trainingsmodell, diente dem Kosmonautentraining. Die zweite Einheit, das Flugmodell, wird im Februar 2001 von Baikonur aus mit einem Progress Transportraumschiff zur Raumstation gebracht. Beide Einheiten wurden 2000 an die russische Seite übergeben. Die erste und die dritte Crew der Internationalen Raumstation wurden in mehreren Treffen, sowohl in Garching, als auch in Moskau, auf den Betrieb der PKE-Nefedov-Apparatur vorbereitet. Die erste ständige Besatzung der ISS (ext''Expedition One'': Gidzenko, Krikalev und Shepherd) wird nach der aktuellen Planung die vorprogrammierten Basisexperimente durchführen und die bespielten Videobänder und digitalen Messdaten bei ihrer Rückkehr im Space Shuttle mitführen.


Letzte Änderung: 2006-11-07
Ansprechpartner: Michael Kretschmer mail
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