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Eine Einführung

Was ist ein (physikalisches) Plasma?


In Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen (hauptsächlich Druck und Temperatur) kommt Materie in verschiedenen Aggregatzuständen vor. Bei hinreichend niedriger Temperatur sind nahezu alle Materialien im festen Zustand. Ihre kleinsten Bausteine (Atome, Moleküle) bilden ein festes Gefüge, das bei einem kristallinen Festkörper als regelmäßiges (Kristall)Gitter erscheint (siehe Bild unten, linke Seite: Hexagonales Gitter). Bei steigender Temperatur nimmt die Bewegung der Bausteine kontinuierlich zu, bis diese ihre festen Plätze verlassen und sich umeinander bewegen können. Nun haben wir eine Flüssigkeit (Bild: zweiter Kasten).
Bei weiterer Temperaturerhöhung verlassen die Bausteine den gemeinsamen Verband und bewegen sich frei umher. Wir haben es nun mit einem Gas, dem dritten Aggregatzustand oder der 'gasförmigen Phase' zu tun. Wird die Temperatur der Materie weiter gesteigert, so bewegen sich die Teilchen so schnell, dass sie bei Zusammenstößen Ladungsträger (Elektronen), die in den Teilchen vorhanden sind, verlieren. Das Gas wird 'ionisiert' und durch die vorhandenen freien Ladungsträger elektrisch leitfähig, womit es sein Verhalten komplett ändern kann. Wir sprechen nun von einem neuen, dem vierten Aggregatzustand, dem Plasma. Das Bild unten zeigt diese vier Aggregatzustände (auf mikroskopischer Ebene) und, wenn Sie das Bild mit dem Mauszeiger berühren, die zugehörigen Phasenübergänge.

Aggregatzustand
(Berühren Sie das Bild mit dem Mauszeiger, um die Phasenübergänge zu sehen.)


Plasmen zeichnen sich nicht nur durch ihre elektrische Leitfähigkeit gegenüber einem neutralen Gas aus. Meist ist ein Plasma von einem Leuchten begleitet, das dadurch entsteht, dass die freien Ladungsträger (Elektronen und Ionen) wieder zusammenfinden, 'rekombinieren'. Die dabei frei werdende Bindungsenergie wird meist in Form von Licht abgestrahlt.
Das nächste Bild zeigt, wo Plasmen typischerweise vorkommen. Die obere Hälfte zeigt in der Natur vorkommende Plasmen, z.B. im Weltraum oder in einem Blitz. Die untere Hälfte zählt einige Plasmen auf, die von Menschenhand erzeugt und genutzt werden. So exotisch, wie es scheint, ist der Plasmazustand also gar nicht. Gerade im Weltall machen die Sonne und andere Sterne, die nahezu vollständig aus heißem, ionisierten Gas bestehen, mehr als 99% der sichtbaren Materie aus, der Plasmazustand ist dort also eher der Normalfall.


Wo finden...?


Um Plasmen herzustellen und nutzbar zu machen, gibt es verschiedene Methoden:
  • Thermische Anregung: Ein Gas wird durch Erhöhung der Temperatur in den Plasmazustand überführt. Dies geschieht ab etwa 1200°C, wie z.B. in einer Flamme (schwach ionisiertes Plasma). Das Gas der Sonne ist bei einer Oberflächentemperatur von ca. 5500°C vollständig ionisiert. Diese Plasmen senden ein thermisches Leuchten (Glühen) aus.
  • Elektrische Anregung: Legt man eine Hochspannung an ein Gas, so kann man daraus ein Plasma erzeugen. Freie Ladungsträger werden durch die elektrische Spannung so stark beschleunigt, dass sie weitere Ladungsträger aus den Atomen herausschlagen und das Gas weiter ionisieren. Bei der Rekombination der Ladungsträger wird Licht ganz bestimmter Farben ausgesandt. Dies macht man sich z.B. in Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen zu Nutze. Hier wird hauptsächlich Licht und nur wenig Wärme erzeugt. Das Leuchten ist also nicht-thermisch.
  • Ionisation durch Strahlung: Wird Materie einer energiereichen Strahlung ausgesetzt, z.B. radioaktiver Strahlung oder dem UV-Licht der Sonne, so werden ebenfalls Ladungsträger herausgelöst, die ein Plasma bilden können. Dieser Vorgang der Photoionisation kommt oft in der Nähe von Sternen (Sonne) vor und bestimmt dort das Vorhandensein von Plasma, z.B. den Sonnenwind oder die Ionosphäre (äußerste Luftschicht der Erde).
Trägt man die oben erwähnten Plasmen in ein sog. Phasendiagramm ein, wo sie je nach Druck und Temperatur sortiert sind, so erhält man grob folgendes Bild (siehe unten). Wie man sieht, wird der Bereich der links oben im Diagramm liegt, nicht von herkömmlichen Plasmen abgedeckt. Hierzu eignen sich komplexe ('staubige') Plasmen, wie sie im MPE erforscht werden. Sie erschließen den Bereich der 'stark gekoppelten Plasmen', wo neue Effekte zu erwarten sind. Wenn Sie das Bild mit dem Mauszeiger berühren, sehen Sie den Bereich der starken Kopplung, der durch die Werte des Kopplungsparameters Gamma > 1 gekennzeichnet sind.

Phasendiagramm
(Berühren Sie das Bild mit dem Mauszeiger, um stark und schwach gekoppelte Plasmen zu sehen.)

Weitere Informationen:



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Letzte Änderung: 2007-04-18
Ansprechpartner: Michael Kretschmer mail
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